Ursprung der Schiffsmühlen
Nachgewiesen sind Schiffsmühlen bereits um 540 n. Chr. Bei der Belagerung Roms durch die Ostgoten unter Wittichis (König der Ostgoten 536-540) wurden alle Aquädukte zerstört. Darunter auch die Wasserleitung, die die Mühlen der Stadt antrieb (Trajanische Wasserleitung, Nr. 11). Flavius Belisarius ( Belisarios), oströmischer General und Feldherr des Kaisers Justinian I., ließ Mühlen auf Schiffen befestigen und im Tiber verankern. Deren Mahlwerke wurden über Räder (Schaufeln) von der Strömung angetrieben. So konnte die Versorgung Roms mit Mehl gewährleistet werden.
Schiffsmühlen
Vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gab es Schiffsmühlen auf fast allen größeren Flüssen Europas. Allein auf dem Rhein im Abschnitt Ginsheim (Rhein und Altrhein) wurden bis 22 dieser Mühlen gezählt. Da Mehl nicht konserviert werden konnte, war es wichtig, zu jeder Jahreszeit mahlen zu können. Die Schiffsmühlen auf dem Rhein waren dazu in der Lage, unabhängig vom Wind (Windmühlen) und dem Wasserstand (Wassermühlen) kleinerer Bäche oder Flüsse in Südhessen. Besonders während längeren Trockenperioden brachten Landwirte aus dem Hessischen Ried und dem vorderen Odenwald das Getreide zum Mahlen zu den im Rhein liegenden Schiffsmühlen.
Schiffsmühlen unterscheiden sich hauptsächlich nach zwei Arten. Die eine Version hat seitlich zwei Räder (Schaufeln), die getrennt oder vereint auf das Mühlwerk einwirken.
Der andere Typ besteht aus zwei Rümpfen mit dem Hausschiff, auf dem sich die Mühle befindet, und dem Wellschiff, auf dem das eine Ende des Mühlenwellbaumes aufliegt, während sich das Wasserrad (Schaufelrad) auf dem Wellbaum zwischen Wellschiff und Hauptschiff dreht. Darüber hinaus gibt es viele weniger verbreitete Sonderformen.
Rhein-Schiffsmühlen
Schon um 1705 gab es in Ginsheim mehrere Schiffsmühlen. Mit dem Rheindurchstich (1828/1829
Claus Kröncke) wodurch das heutige Natrurschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue entstand,
änderten sich natürlich auch die Bedingungen für die Schiffsmüller. Diese ankerten bis 1838 im heutigen Altrhein. Wegen sinkender Fließgeschwindigkeiten, die die Mühlenräder nicht mehr antreiben konnten, mussten die Schiffmühlen mehr zur Flussmitte hin verlegt werden. Das Getreide wurde mit Mühlnachen über eine Strecke von zwei Kilometern und zum Teil gegen den Strom, zu den Schiffsmühlen gebracht werden. 1889 wurde ein Mühlkanal gebaut, ein Durchstich zwischen der Nonnenaue und der Rabeninsel. Dadurch verkürzte sich die Strecke für die Anlieferung (und Rückführung) auf etwa einen Kilometer.
Auch die Ginsheimer Bevölkerung profitierte natürlich -neben den Müllern- von den Schiffsmühlen. Meist wollten die aus der Nähe angereisten Landwirte das Mehl noch am gleichen Tag wieder mit nach Hause nehmen und verkürzten sich ihre Wartezeiten in Gasthäusern oder nutzten die Zeit für Reparaturarbeiten. Fuhrwerke hatten eine Tageslaufleistung von bis zu ca. 15 km (Kuh-Fuhrwerke) bzw. gut 20 km (Pferdefuhrwerke). Die Bauern, die derart von weiter her kamwen, mussten gar übernachten und Unterkunft für sich und für ihr Vieh haben.So waren nicht nur die Gastwirte und Herbergen, sondern auch Schmiede, Schreiner und Wagner die Nutznießer.
Mit der Industrialisierung und dem Einsatz von Dampf- und Motorschiffen und der weiteren Regulierung des Rheins -und natürlich auch der anderen Flüsse- und der sinkenden
Wirtschaftlichkeit der Schiffsmühlen verschwanden diese.
Historische Schiffsmühlen gibt es in Mitteleuropa nicht mehr. Die hölzernen Schiffsmühlen waren durch den ständigen Wasserkontakt meist nach etwa 50 Jahren baufällig.
Die letzten Schiffsmühlenbesitzer aus Ginsheim, Georg Stahl und Karl Volz, stellten 1929 mit der von der Gernsheimer Firma Gebrüder Dofflein erbauten Mühle, den Betrieb ein.
Die am Ginsheimer Ufer vertäute Mühle sollte verschrottet werden. Der Freistaat Hessen kaufte die letzte Schiffsmühle stellte sie unter Denkmalschutz und ließ sie zum neuen Liegeplatz, dem Winterhafen nach Mainz, schleppen, um sie dort in ein Museum umzuwidmen. Während eines Bombenangriffes im 2. Weltkrieg wurde sie zerstört. Der Schiffsrumpf wurde nach Kriegsende gehoben. Mit einer Baracke als Aufbau erfolgte die letzte Nutzung als Kohlebüro.
Rekonstruktion
2002 übernahm der Heimat-und Verkehrsverein e.V. Ginsheim Mühlengeräte aus einer stillgelegten Mühle in Salzböden bei Lollar, um für eine eventuelle Entscheidung für eine Rekonstruktion gewappnet zu sein.
Prof. Dr. Hans-Jürgen Holland als Konstrukteur und Studenten der Fachhochschule Rüsselsheim begleiteten das Projekt.
Über Jahre hinweg wurden Details über die letzten Rheinschiffsmühlen gesammelt.
2008 wurde der Verein Historische Rheinschiffsmühle Ginsheim e.V. gegründet.
Der gemeinnützige Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine historische Rheinschiffsmühle zu bauen und diese als Museum zu betreiben. Eine didaktische Darstellung des Lebens der Müller und deren Mühlburschen zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde ebenso wie die Darstellung der wirtschaftlichen Bedeutung für Ginsheim, Mainz und die benachbarten Rheinanlieger erarbeitet und wird in der Schiffsmühle präsentiert.
Der Ideengeber, Herbert Jack aus Gustavsburg, übernahm den Vorsitz des Vereins. Zwischenzeitlich waren bereits weitere Maschinen und andere Bauteile aus stillgelegten Wassermühlen gesammelt und nach Ginsheim transportiert worden.
Genehmigungen mussten eingeholt werden. So wurden zum Beispiel die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Groß-Gerau, das Wasser- und Schifffahrtsamt Mannheim und die Gemeindevertreter in das Projekt eingebunden. Informationsveranstaltungen wurden durchgeführt. Mitglieder geworben.
2011 war die Finanzierung in Höhe von rund 500.000 € gesichert. Das Projekt wurde und wird ausschließlich durch Spenden (Sponsoren und private Spender) finanziert.
Die Aufträge für den Ponton und den Fachwerkaufbau konnten erteilt werden. Die Schiffswerft Braun in Speyer baute den stählernen Ponton. Dieser wurde am 29. September 2011 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und begleitet von zahlreichen Wassersportlern an den Liegeplatz bei Stromkilometer 493 in Ginsheim gebracht.
Nach den Plänen des Konstrukteurs, von Architekten, Statikern und Mühlenfachleuten begannen viele freiwillige Helfer und die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Vereins mit dem Innenausbau.
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Hier findet der Besucher u.a. Schäl- und Bürstmaschine, Trieure, Elevatoren (Becherwerke), Aspirateure (trennt das Mahlgut von leichten Teilen wie Spreu, Spelzen, Staub usw.), Kleiekotzer, Beutelkasten mit Abgängen, sortiert nach Getreidearten und vieles mehr in alter und funktionierender Technik.
Daten, Zahlen, Fakten:
Gesamtlänge |
27,54 m |
Gesamtbreite |
14,06 m |
Gesamthöhe |
9,50 m |
Eintauchtiefe des Pontons |
0,80 m |
Höhe der Seitenwände |
1,9 m |
Gewicht des Pontons (Eisen) |
45,0 t |
Gewicht des Aufbaues (Holz) |
32,0 t |
Durchmesser der Wasserräder |
5,25 m |
Breite der Wasserräder |
je 3,00 m |
Gewicht der Wasserräder ohne Welle je |
je 2,8 t |
Gewicht der Einbauten |
15,0 t |
Besucher
Der Innenausbau mit Nachbauten anhand vorliegender Pläne von Mühlenfachleuten ist fast abgeschlossen.
Den Besuchern stehen kompetente und fachkundige Mitarbeiter des Vereins für Fragen gerne zur Verfügung.
Unabhängig von den Öffnungszeiten können Gruppen gesondert geführt werden.
Für Besprechungen oder Feiern steht ein Raum für etwa 20 Personen zur Verfügung. Heiratswillige können sich auf der historischen Schiffsmühle standesamtlich trauen lassen.
Lernort
Wer sich mit der Wirkungsweise einer Schiffsmühle, der Geschichte der Schiffmühlen im Rhein um Ginsheim und Mainz befassen möchte, ist hier genau richtig.
Fazit: Ein Besuch, der sich lohnt.
Mancher Besucher staunt über die Holzkonstruktionen, die in alter Technik ausgeführt sind, die Demonstration der Arbeitsweise der alten Technik und die der Müller und Mühlenburschen, das Zusammenwirken der Wasserräder mit dem Mühlenwerk und vieles mehr.
Die kompetenten Mitarbeiter sind hochmotiviert und verfügen auch über viel Detailwissen, das sie gerne und freundlich an die Besucher weitergeben.
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Steinbruch Weisenau
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